Ein Interview mit dem Energieberater Martin Halbrügge
Herr Halbrügge, auch in der Stadt Drolshagen läuft die Wärmewende an und da fällt der Begriff der Wärmepumpe recht regelmäßig. Sie waren in den letzten Jahren bereits zweimal in Drolshagen, um über das Thema zu referieren und kennen die Gegebenheiten hier vor Ort. Zuletzt waren Sie am 21. November im Heimathaus in Drolshagen zu Gast.
Wieso sollten wir, neben den offensichtlichen Gründen des Klimaschutzes, heute auch im Wärmesektor auf erneuerbare Energien setzen?
M. Halbrügge: „In wenigen Worten: Erneuerbare Energie ist günstiger als fossile Energie, weil dabei nur die Kosten der Erzeugungstechnik anfallen. Erneuerbare Energie ist nachhaltig und somit langfristig erzeugbar und nutzbar. Und erneuerbare Energie ist überall verfügbar, sie verringert deshalb geopolitische Abhängigkeiten.“
Was macht die Wärmepumpe als Baustein der Wärmewende so besonders?
M. Halbrügge: „Wärmepumpen sind universell einsetzbar – sie eignen sich grundsätzlich für jedes Haus und sie sind langfristig rechtssicher nutzbar. Zudem sind Wärmepumpen unter den dezentralen Heizungen, das bedeutet jeweils eigene Heizungen für jedes Gebäude, die energieeffizientesten Anlagen.
Wer bei der Wärmepumpe an eine unbekannte oder neue Technologie denken sollte, diese Technologie ist schon lange bekannt und im Einsatz. Jede und jeder hat bereits eine Wärmepumpe zu Hause, die sie oder er nur in Form einer Kälteanlage im Kühlschrank nutzt.
Und nicht nur da hat sich die Technik längst bewährt. Während des Vortragsabends zuletzt kam die großflächige Nutzung der Wärmepumpentechnologie in Schweden zur Sprache. Das können wir in Deutschland als Beispiel nutzen. Denn das zeigt uns, dass sich die Wärmewende auch im Bestand meistern lässt und dass die Technik auch noch bei deutlich kälteren Temperaturen zuverlässig zum Heizen genutzt werden kann.“
Damit jetzt zur Praxis: Wie sollte eine Heizungsentscheidung zurzeit getroffen werden?
M. Halbrügge: „Zur Erstorientierung, das heißt zur Erstellung eines Versorgungskonzepts, sollte man sich bei unabhängigen Fachstellen informieren, zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale oder im Schornsteinfeger-Handwerk.
Grundsätzlich sollte hierbei keine übereilte Entscheidung getroffen werden. Jetzt zum Beispiel noch eine Gasheizung einzubauen, ohne die zukünftige Preisentwicklung für Gas mit zu berücksichtigen, kann langfristig teuer werden.
Außerdem sollten Entscheidungen über die Beheizung des Gebäudes auf Grundlage detaillierter Untersuchungen stattfinden. Heizlastberechnungen sind hierfür sehr hilfreich als anschauliche und detaillierte Planungsgrundlage.
Überdimensionierte Wärmepumpen beispielsweise sind problematisch, da sich übermäßig häufige An- und Abschaltungen negativ auf die Lebensdauer der Heizungsanlage auswirken. Mithilfe einer Heizlastberechnung lässt sich die Wärmepumpe exakt dimensionieren.
Heizlastberechnungen ermöglichen zudem detaillierte Betrachtungen zum Austausch und zur Dimensionierung von Heizkörpern und zu den Auswirkungen einer Wärmedämmung. Das heißt, es wird betrachtet, ob und wenn ja, welche Heizkörper ausgetauscht werden müssten und ob und wie gedämmt werden sollte. Diese Maßnahmen können dann in aller Regel auch schrittweise über mehrere Jahre umgesetzt werden, um die finanziellen Auswirkungen auf einen größeren Zeitraum zu verteilen.
Was die Umrüstung von Heizkörpern oder die Sanierung der Gebäudedämmung betrifft, herrschen häufig noch falsche Annahmen. Fußbodenheizungen sind keineswegs ein Muss für den erfolgreichen Einsatz von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden. Ein guter Dämmzustand des Hauses ist unabhängig vom Heizungstyp natürlich sinnvoll, auch für die Wärmepumpe aber in vielen Fällen kein Muss.
Die Umstellung des Heizungssystems kann auch schrittweise erfolgen - zuletzt gab es eine spannende Frage eines Vortragsteilnehmers dazu. Bei bestehenden fossil-betriebenen Heizungen können hybride Übergangslösungen mit Wärmepumpen sinnvoll sein, um mit auf den langfristigen Wärmebedarf des Gebäudes dimensionierten kostengünstigen Wärmepumpen eine große Wirkung zu erzielen. Die Wärmepumpe übernimmt dann trotz kleiner Leistung den überwiegenden Teil der Wärmeenergiebereitstellung und die fossil betriebene Heizung wird nur an den besonders kalten Tagen zugeschaltet. Die fossil betriebene Heizung erreicht deshalb auch nur einen sehr geringen Anteil an der Jahresheizarbeit.“
Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe im Gebäudebestand bei uns hier vor Ort?
M. Halbrügge: „Neben dem Strompreis ist die Effizienz der Wärmepumpe ein entscheidender Faktor, den man aber durch eine fachgerechte Planung und Auswahl der Wärmepumpe auch sehr gut beeinflussen kann. Eigentlich müsste man gerade dort, wo man viel Wärme benötigt, auf die Wärmepumpe setzen. Das liegt daran, dass nur sie die Abhängigkeit vom Einkauf von Energie verringert, indem sie eben Umweltwärme für die Versorgung nutzbar macht.
Wenn sie ausreichend effizient mit einer Jahresarbeitszahl von mindestens 3,5 betrieben wird, verursacht die Wärmepumpe auch in einem ungedämmten Gebäude mit Heizkörpern niedrigere Heizkosten als jede fossile Heizung. Bei ausreichend dimensionierten Heizkörpern ist das nachweisbar möglich.
Die Kosten reduzieren sich noch weiter, wenn man einen Teil des benötigten Wärmepumpenstroms mit der eigenen Solarstromanlage erzeugt. Der mögliche Versorgungsanteil ist dann allerdings in ungedämmten Häusern deutlich niedriger als in Häusern mit einem zeitgemäßen Wärmeschutz. Die Spanne reicht hier von 10 – 30 %.“
Wie schätzen Sie das novellierte Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) aus fachlicher Sicht ein?
M. Halbrügge: „Das Gebäude-Energie-Gesetz stellt eine gute Orientierungshilfe bezüglich der technischen Möglichkeiten dar, ein Gebäude bis 2045 klimaneutral umzustellen.
Entgegen der Berichterstattung des letzten Jahres beinhaltet das Gebäude-Energie-Gesetz zunächst keine grundsätzlichen Verbote für fossile Energien, lediglich ineffiziente Standardheizkessel sind zu erneuern. Mithilfe dieses Gesetzes wird die Wärmewende in Deutschland schrittweise umgesetzt und die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt.“
Vielen Dank Herr Halbrügge!
Informationen zu Martin Halbrügge:
Martin Halbrügge ist Diplom-Ingenieur mit einem Schwerpunkt auf Energietechnik. Neben freiberuflicher Tätigkeit ist er Energieberater bei der Verbraucherzentrale NRW. Dort ist er für die Region Lüdenscheid zuständig. Weitere Informationen zu seinem Beratungsumfang bei der VZ NRW finden Sie unter: Unser Team in Lüdenscheid | Verbraucherzentrale NRW
Energieberatung durch die Verbraucherzentrale NRW im Kreis Olpe (Beratungsstelle Lennestadt):
Die Energieberatungsstelle Lennestadt bietet den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Kreis Olpe umfassende Informationen und Beratung zu den Themen Energie und Klimaschutz. Die Schwerpunkte der Beratung umfassen unter anderem folgende Themen: Energiesparen, Erneuerbare Energien, Energetische Sanierung, Heizen, Lüften und Schimmelvermeidung. Diese und weitere Informationen finden Sie unter Beratungsangebote der Beratungsstelle Lennestadt.
Sie ist telefonisch unter der Nummer 02723 71957-20 erreichbar. Sie können auch direkt einen Termin für ein Telefon- oder Video-Gespräch vereinbaren (Termin vereinbaren | Verbraucherzentrale NRW). Darüber hinaus informiert die Verbraucherzentrale NRW in Online- und Präsenzvorträgen, Seminaren sowie in Beratungsrunden zu verschiedenen Energiethemen (Energie-Veranstaltungen).
Weitere Informationen zum Thema Wärmepumpe von der Verbraucherzentrale NRW finden Sie unter anderem unter Besser heizen: Wärme pumpen! | Verbraucherzentrale NRW.